Was ist Ashwagandha?

Ashwagandha wird häufig als pflanzliches Allzweck­mittel für mehr Energie, weniger Stress und besseren Schlaf beworben. Diese Vorteile sind jedoch wissenschaftlich nicht belegt, während potenzielle Risiken – vor allem für die Leber, das Immun- und Hormonsystem – zunehmend diskutiert werden. Kinder, Schwangere, Stillende sowie Menschen mit bestehenden oder früheren Lebererkrankungen sollten auf die Einnahme verzichten. Das Bundesamt für Risikobewertung BfR empfiehlt generell, bis auf Weiteres zurückhaltend zu sein. Wer dennoch ein Ashwagandha-Präparat nutzen möchte, sollte sich vorher ärztlich beraten lassen, die Qualität des Produkts sorgfältig prüfen und mögliche Nebenwirkungen im Blick behalten.

Ashwagandha, auf Deutsch oft Schlafbeere genannt, ist eine Wurzelpflanze aus der Familie der Nachtschattengewächse. In der ayurvedischen Medizin wird Withania somnifera seit Jahrhunderten als sogenanntes „Rasayana“ – also als Mittel zur Stärkung und Verjüngung – eingesetzt. Sie wächst vor allem in Indien, Pakistan und Teilen Afrikas und wird dort traditionell als Pulver, Tee oder Extrakt verwendet.

Ursprung und traditionelle Anwendung

In der Ayurveda-Lehre gilt Ashwagandha als adaptogenes Kraut. Das bedeutet in der Theorie, dass es den Körper widerstandsfähiger gegenüber körperlichen und seelischen Belastungen machen soll. Überliefert ist der Einsatz bei Erschöpfung, Schlafstörungen, innerer Unruhe und zum Wiederaufbau nach Krankheiten. In westlichen Nahrungsergänzungen landet meist ein standardisierter Trockenextrakt, der 2,5 % bis 5 % der Inhaltsstoffe Withanolide enthalten soll.

Welche Wirkungen werden beworben?

Auf Produktverpackungen, in Werbung und in sozialen Medien liest man häufig drei große Versprechen:

  • Mehr Energie: Ashwagandha soll Müdigkeit reduzieren und die körperliche Leistungsfähigkeit steigern.
  • Weniger Stress: Die Wurzel soll den Cortisolspiegel senken und dadurch Gelassenheit fördern.
  • Besserer Schlaf: Da das lateinische Artepitheton somnifera „schlafbringend“ bedeutet, wird es gern als natürliche Einschlafhilfe angepriesen.

Diese Aussagen klingen vielversprechend, sind jedoch bislang nicht ausreichend wissenschaftlich belegt. Einzelne kleine Studien deuten zwar positive Effekte auf Stressparameter an, doch oft fehlt eine robuste Methodik oder eine Reproduktion der Ergebnisse durch unabhängige Forschungsteams. Anbieter dürfen in der EU deshalb keine Health Claims wie „Ashwagandha reduziert Stress“ oder „fördert gesunden Schlaf“ offiziell verwenden.

Was sagt die Wissenschaft bisher?

Eine systematische Auswertung randomisierter Studien zeigt ein gemischtes Bild: Manche Arbeiten berichten über leicht verringerte Cortisolwerte oder ein subjektiv besseres Wohlbefinden. Die Teilnehmerzahlen liegen jedoch oft unter 100 Personen und die Studiendauer bei wenigen Wochen. Solche Daten reichen nicht aus, um einen kausalen Zusammenhang sicher herzustellen. Zudem ist unklar, welcher Extrakt in welcher Dosis verwendet wurde, denn die Zusammensetzung schwankt stark. Nicht nur die Gründe für einen möglichen Nutzen, sondern vor allem mögliche Risiken brauchen deshalb mehr Forschung.

Mögliche Nebenwirkungen und Risiken

Das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) rät aktuell zu Zurückhaltung. Hintergrund: Es liegen Fallberichte über folgende unerwünschte Wirkungen vor:

  • Übelkeit, Magen-Darm-Beschwerden
  • Kopfschmerzen und Schwindelgefühl
  • Beeinflussung von Schilddrüsen- und Sexualhormonen
  • Verstärkung von Autoimmunprozessen durch modulierte Immunantwort
  • In seltenen Fällen Leberentzündungen mit auffälligen Leberwerten

Obwohl diese Ereignisse selten erscheinen, betont das BfR, dass die Leber- und Immun­verträglichkeit von Ashwagandha-Extrakten insgesamt unzureichend untersucht ist.

Wer sollte Ashwagandha meiden?

Nach heutigem Kenntnisstand gilt ein besonderer Warnhinweis für:

  • Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren
  • Schwangere und stillende Frauen
  • Menschen mit aktueller oder früherer Leber­erkrankung
  • Personen mit Autoimmunerkrankungen oder Schilddrüsen­störungen
  • Alle, die bereits Medikamente zur Beruhigung, gegen Depressionen oder zur Schilddrüsen­therapie einnehmen – hier können Wechselwirkungen auftreten.

Ein Arztbesuch ist daher unbedingt ratsam, bevor man ein Ashwagandha-Präparat ausprobiert.

Qualität der Produkte: große Unterschiede

Ein weiteres Problem ist die uneinheitliche Produktqualität. Nahrungsergänzungen werden nicht so streng kontrolliert wie Arzneimittel. In Labortests fanden Verbraucherschutz­organisationen gelegentlich:

  • Schwankende Withanolid-Gehalte (von kaum messbar bis sehr hoch)
  • Rückstände von Pflanzenschutzmitteln oder Schwermetallen
  • Falsche Deklarationen hinsichtlich Herkunft und Dosierung

Darüber hinaus ist die Dosis-Wirkungs-Beziehung wenig geklärt. Ob 200 mg, 600 mg oder 1 g Extrakt täglich benötigt werden, kann keine seriöse Quelle verbindlich beantworten.

Rechtliche Einordnung und Dosierung

In Deutschland fällt Ashwagandha unter das Lebensmittelrecht, sofern es nicht als traditionelles pflanzliches Arzneimittel registriert ist. Hersteller dürfen weder konkrete Heilversprechen abgeben noch Dosierungen als „medizinisch wirksam“ bezeichnen. Der Einsatz als „Novel Food“ ist in der EU derzeit nicht abschließend bewertet. Das bedeutet, dass die rechtliche Grauzone groß ist – ein weiterer Grund, warum Vorsicht geboten ist.

Tipps für Verbraucherinnen und Verbraucher

  • Zutatenliste prüfen: Enthält das Produkt ausschließlich Ashwagandha oder Zusatzstoffe wie Piperin, die die Aufnahme beeinflussen können?
  • Sertifikate hinterfragen: Seriöse Hersteller legen Analysezertifikate (CoA) offen, aus denen der Withanolidgehalt ersichtlich ist.
  • Niedrig dosiert einsteigen: Wer nach ärztlicher Rücksprache testet, sollte mit der kleinsten Portion beginnen und Leberwerte kontrollieren lassen.
  • Gesamt­ernährung zählt: Ein Nahrungsergänzungsmittel ersetzt weder ausgewogenen Schlaf noch Stressmanagement durch Bewegung oder Entspannungs­methoden.
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